Die neue Energiewelt können wir nicht mehr mit den Maßstäben und Methoden aus der alten Energiewelt beschreiben. Das bisherige Zielsystem aus preiswerter Energie, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit reicht nicht mehr aus, um die komplexe neue Welt zu gestalten. Neben einer Nutzensicht der Energiewende treten zwei neue Zielgrößen auf: Effizienz und Transparenz. Und in einen neuen, alten Energieträger werden plötzlich enorme Erwartungen gesetzt, in den Wasserstoff. Der dritte Teil des Buches widmet sich diesen neuen Ansätzen, entwirft ein neues Zielsystem, beschreibt die digitalen und intelligenten Systeme und definiert die Verfügbarkeit von Energie neu.

(Bei den folgenden Texten handelt es sich um die jeweiligen Kapitelabstracts im Springer eBook „Halbzeit der Energiewende?“.)

Kapitel 7 – Die Nutzensicht der Energiewende

Der Klimawandel und die Energienutzung stehen in einem ursächlichen negativen Zusammenhang. Ursache und negative Auswirkung treten dabei zeitlich und räumlich stark getrennt auf. Die Argumentation zur Veränderung des Umgangs mit Energie war bislang stets negativ geprägt: Wenn nicht – dann negativ! Wenn Du das nicht tust, dann hat Dein Nichtstun negative Auswirkungen, so die Argumentation von vielen Umweltschützern und Politikern. Forderungen nach Verboten und Geboten waren die logische Antwort. Die positive Nutzensicht geriet dabei vollends in den Hintergrund. Der Ansatz muss andersherum sein: Welchen direkten oder indirekten Nutzen kann ich aus der Veränderung des Energiesystems ziehen? Was habe ich persönlich für einen Nutzen, welchen hat mein Unternehmen, was hat die Gesellschaft davon, was die Umwelt? Der positive Nutzen der Energiewende, verbunden mit den Mechanismen einer nutzenorientierten Marktwirtschaft, müssen den Argumentationsrahmen der Energiewende bilden.

Kapitel 8 – Wasserstoff

Wasserstoff scheint das Schlüsselelement der Energiewende zu sein. Man setzt Wasserstoff anstelle von Öl und Gas ein, löst damit die CO2-Problematik und kann auch noch wesentliche Teile der heutigen Infrastruktur weiter nutzen, so die Idee. Selbstverständlich wird nur grüner Wasserstoff aus regenerativen Energien gewonnen und falls wir nicht genügend Sonne und Wind vor Ort haben, importieren wir den Wasserstoff aus sonnenreichen Ländern. Aber so einfach geht es nicht. Die Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft – und der Gedanke ist schon Jahrzehnte alt – benötigt nicht nur riesige Mengen an Strom und wesentliche technische Weiterentwicklungen. Die enormen Mengen an regenerativem Strom können in Deutschland nicht erzeugt werden. Sollen wir den Entwicklungsländern das kostbare Gut Wasser entziehen, nur um es in exportierbaren Wasserstoff umzuwandeln? Für die zukünftige Wasserstoffwirtschaft braucht es ganz neue internationale Energiepartnerschaften.

Kapitel 9 – Ziele und Merkmale der neuen Energiewelt

Das bisherige Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit reicht nicht aus, um die neue Energiewelt zu definieren. Es muss um die Dimensionen Effizienz und Transparenz erweitert werden. Die vielfältigen Merkmale der neuen Energiewelt, wie Dezentralität, Wert und Eigentum der Energie, verteilte und intelligente Systeme, Wasserstoff und Energiespeicher, bilden sich in einer neuen Energie-Zielraum-Karte ab. Die fünf Dimensionen Verfügbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Nachhaltigkeit und Transparenz bilden das neue Energiezielsystem. Das Zusammenwirken in Netzwerken und das Arbeiten mit verteilten Systemen unterscheidet sich diametral von den bisherigen Energiestrukturen. Besonderes Augenmerk wird auf die Frage gelegt, wer denn letztendlich für die Verfügbarkeit von Energie verantwortlich ist. In der neuen Energiewelt werden wir unterscheiden zwischen der Einzelverantwortung und der Systemverantwortung.